UKE: Corona-Virus befällt auch das Herz

Die für die Studie unter­suchten verstor­benen Patien­tinnen und Patienten waren im Mittel 85 Jahre alt. Alle wurden zu Lebzeiten mit einem Rachen­ab­strich positiv auf das Corona-Virus SARS-CoV‑2 getestet und entwi­ckelten die für COVID-19 typische Lungen­ent­zündung. Nach ihrem Tod wurden sie zwischen dem 8. und 18. April gerichts­me­di­zi­nisch unter­sucht. Univer­si­täts­kli­nikum Hamburg-Eppendorf (UKE)

UKE: Corona-Virus befällt auch das Herz

Überra­schende Erkenntnis von Wissen­schaft­le­rinnen und Wissen­schaftlern aus dem Univer­si­täts­kli­nikum Hamburg-Eppendorf (UKE): Das Corona-Virus kann auch Herzzellen infizieren und sich darin vermehren. Zudem ist es in der Lage, die Genak­ti­vität infizierter Herzzellen zu verändern. Das geht aus einer aktuellen Studie unter der Leitung von Prof. Dr. Dirk Westermann aus der Klinik für Kardio­logie in Zusam­men­arbeit mit dem Institut für Rechts­me­dizin des UKE hervor. Für die Studie wurden 39 verstorbene Herzpa­ti­en­tinnen und ‑patienten unter­sucht, die mit SARS-CoV‑2 infiziert waren.
Prof. Dr. Dirk Westermann, Stell­ver­tre­tender Direktor der Klinik für Kardio­logie, infor­miert über eine UKE-Studie zu COVID-19 und Herzschäden. (Presse­ge­spräch vom 10.07.20)

»Bisher wusste man nicht, in wie vielen Fällen SARS-CoV‑2 auch das Herz befällt und – wenn es das tut – ob es sich in Herzzellen vermehren und dort krank­hafte Verän­de­rungen hervor­rufen kann. Mit den nun vorlie­genden Unter­su­chungs­er­geb­nissen haben wir deutlich mehr Klarheit«, sagt Studi­en­leiter Prof. Westermann aus dem Univer­si­tären Herz- und Gefäß­zentrum Hamburg des UKE. Bei rund zwei Drittel der unter­suchten Patien­tinnen und Patienten (24 von 39) konnten die Forschenden im Herzgewebe das Corona-Virus SARS-CoV‑2 nachweisen. In 16 Fällen fanden sie das Virus in Mengen, die klinische Auswir­kungen hätten haben können (mehr als 1.000 Virus­kopien pro Mikro­gramm RNA). Bei fünf Patienten mit den höchsten Virus­mengen identi­fi­zierten die Forschenden den Plus- und Minus-Strang des Virus-Erbguts. »Das ist das Zeichen, dass sich das Virus auch in der betref­fenden Zelle vermehrt«, so Prof. Westermann.

Keine typischen Zeichen für Herzmus­kel­ent­zündung gefunden

Durch die Infektion verändern sich zwar die Herzzellen. Ob dies aller­dings Auswir­kungen auf den Krank­heits­verlauf hat, lässt sich noch nicht abschließend klären. Das Wissen­schaft­lerteam hatte die Aktivität von sechs entzün­dungs­för­dernden Genen genauer unter die Lupe genommen. Bei den 16 Patienten mit der höchsten Viruslast war die Aktivität dieser Gene deutlich erhöht. »Dies hätte auf das Vorliegen einer Herzmus­kel­ent­zündung schließen lassen können. Gleichwohl haben wir keine typischen Kennzeichen einer solchen Entzündung – etwa das Einwandern von Entzün­dungs­zellen aus dem umlie­genden Gewebe in den Herzmuskel – finden können. Unsere Ergeb­nisse unter­stützen die bisherige Beobachtung, dass eine Herzmus­kel­ent­zündung im Zusam­menhang mit COVID-19 nur sehr selten auftritt«, erklärt Prof. Westermann. Die durch die Infektion hervor­ge­rufene verän­derte Genak­ti­vität in den Herzzellen könne aller­dings Langzeit­folgen für die Gesundheit von Betrof­fenen haben. Um das zu klären, seien künftig Reihen­un­ter­su­chungen an lebenden COVID-19-Patien­tinnen und Patienten notwendig, so der Wissenschaftler.

Studi­en­pa­ti­enten entsprechen den typischen COVID-19-Patien­tinnen und ‑Patienten

Die für die Studie unter­suchten verstor­benen Patien­tinnen und Patienten (23 Frauen, 16 Männer) waren im Mittel 85 Jahre alt. Alle wurden zu Lebzeiten mit einem Rachen­ab­strich positiv auf das Corona-Virus SARS-CoV‑2 getestet und entwi­ckelten die für COVID-19 typische Lungen­ent­zündung. Nach ihrem Tod wurden sie zwischen dem 8. und 18. April gerichts­me­di­zi­nisch unter­sucht. Dabei wurden die für die späteren geneti­schen Unter­su­chungen notwen­digen Gewebe­proben entnommen. »Die Patienten reprä­sen­tieren mit ihren alters­ge­rechten Vorer­kran­kungen wie Bluthoch­druck und koronare Herzer­krankung die typischen COVID-19-Patienten in Deutschland«, erläutert Prof. Dr. Stefan Blankenberg, Co-Autor der Studie und Ärztlicher Leiter des Univer­si­tären Herz- und Gefäß­zen­trums, und ergänzt: »Eine Limitation unserer Studie ist aller­dings, dass wir bislang nur Verstorbene unter­suchen konnten. Wichtig wird sein, diese Erkennt­nisse in Zukunft an Überle­benden der Erkrankung zu validieren.«

Origi­nal­pu­bli­kation: Lindner D. et al., Cardiac infection with SARS-CoV‑2 in confirmed COVID-19 autopsy cases. Einge­reicht und zur Veröf­fent­li­chung akzep­tiert im Fachma­gazin »JAMA Cardiology«.

Textquelle: Saskia Lemm, Univer­si­täts­kli­nikum Hamburg-Eppendorf

Bildquelle: Die für die Studie unter­suchten verstor­benen Patien­tinnen und Patienten waren im Mittel 85 Jahre alt. Alle wurden zu Lebzeiten mit einem Rachen­ab­strich positiv auf das Corona-Virus SARS-CoV‑2 getestet und entwi­ckelten die für COVID-19 typische Lungen­ent­zündung. Nach ihrem Tod wurden sie zwischen dem 8. und 18. April gerichts­me­di­zi­nisch unter­sucht. Univer­si­täts­kli­nikum Hamburg-Eppendorf (UKE)