Frauen­herzen in Gefahr: Wie vor Herzschwäche schützen?

Der Experten-Ratgeber »Das schwache Herz« (180 S.) kann kostenfrei per Tel. unter 069 955128–400 (E‑Mail: bestellung@herzstiftung.de) angefordert werden. Leicht verständlich infor­mieren Herzex­perten über Ursachen, Vorbeugung sowie aktuelle Diagnose- und Behand­lungs­mög­lich­keiten der Herzschwäche. Ratgeber-Cover: DHS/Jan Neuffer; Collage: Stefanie Schaffer

Frauen­herzen in Gefahr: Wie vor Herzschwäche schützen?

Herzschwäche bei Frauen – ein oft verkanntes Problem. Dabei machen Frauen in Deutschland rund die Hälfte aller Betrof­fenen aus. Es sterben rund ein Drittel mehr Frauen als Männer daran. So starben im Jahr 2016 laut Deutschem Herzbe­richt 25.318 Frauen an Herzschwäche (Herzin­suf­fi­zienz) gegenüber 15.016 Männern. Ein Grund ist vermutlich, dass Frauen die Symptome nicht ernst nehmen. Sie leiden an Atemnot, wenn sie die Treppen hochsteigen, haben dicke Beine oder gar einen aufge­dun­senen Bauch, sind müde, fühlen sich schwach und schwin­delig. Dass ein schwaches Herz dahin­ter­stecken kann, kommt vielen von ihnen nicht in den Sinn.

»Herzschwäche ist bei Frauen sehr häufig, vor allem wenn gleich­zeitig die Risiko­fak­toren Bluthoch­druck, Überge­wicht und eine Diabetes-Erkrankung vorliegen«, erklärt Prof. Dr. med. Vera Regitz-Zagrosek. Die Inter­nistin und Kardio­login ist Mitglied im Wissen­schaft­lichen Beirat der Deutschen Herzstiftung und rät Frauen beim Arztbesuch auf bestimmte Punkte zu achten, um sich vor leicht vermeid­baren Kompli­ka­tionen ihrer Erkrankung zu schützen: Geraten Frauen etwa bei kleinen Belas­tungen in Atemnot und sind schnell erschöpft, sollten sie ihren Arzt bitten, einen Ultra­schall des Herzens vorzu­nehmen. Die Deutsche Herzstiftung infor­miert über die Herzschwäche bei Frauen und viele weitere Aspekte der Herzin­suf­fi­zienz im Rahmen der bundes­weiten Herzwochen unter www.herzstiftung.de/herzwochen2020

Eine Herzin­suf­fi­zienz ist eine schwere Erkrankung. Das Herz schafft es nicht mehr, genügend Blut in den Körper zu pumpen. Das Herz pumpt über die linke Herzhälfte sauer­stoff­reiches Blut in die Blutgefäße, über die es in die Organe gelangt. Nach seinem Weg durch den Körper kommt das nun sauer­stoffarme Blut wieder am Herzen an. Über die rechte Herzhälfte strömt es in die Lunge, wird wieder mit Sauer­stoff angerei­chert und gelangt in die linke Herzhälfte. Der Kreislauf beginnt von neuem. Ist das Herz zu schwach, kann es entweder nicht mehr ausrei­chend Blut und damit Sauer­stoff in die Lunge oder in den Körper pumpen (Systole) oder aber nicht mehr genug Blut aufnehmen (Diastole). Letzteres ist bei Frauen wesentlich häufiger als bei Männern der Fall, wie man heute weiß. Frauen­herzen sind steifer und können sich somit weniger ausdehnen und mit Blut füllen. Die Experten sprechen von einer so genannten diasto­li­schen Herzschwäche mit erhal­tender Pumpfunktion.

Experten befürchten viele unerkannte Herzschwäche-Fälle bei Frauen

Mit zuneh­mendem Alter werden die Herzen von Frauen noch fester. Denn in den Wechsel­jahren (Menopause) kommt es infolge des Östro­gen­mangels zu erhöhtem Blutdruck sowie vermehrter Bildung von Bindewebe im Herzen. »Diese durch einen Mangel an körper­ei­genem Östrogen bedingte Herzschwäche, lässt sich nicht durch eine Hormon­the­rapie ausgleichen«, betont Regitz-Zagrosek, die auch Senior­pro­fes­sorin an der Charité, Univer­si­täts­me­dizin Berlin ist. Frauen haben nicht nur festere, sondern auch kleinere Herzen als Männer. Die geringere Größe wird dadurch ausge­glichen, dass ihre Herzen mit einer höheren Auswurf­fraktion, – wie man dieses Maß in der Fachsprache nennt – arbeiten als die der Männer. Die Auswurf­fraktion gibt an, wie viel Prozent des Blutes, das sich im Herzen befindet, mit jedem Schlag in den Körper gepumpt wird. Bei gesunden Männern sind das mindestens 55 Prozent des Blutes im Herzen, bei gesunden Frauen wohl mehr als 60 Prozent.

»Bislang aber orien­tiert man sich bei Frauen an dem Mindestwert für Männer von 55 Prozent«, erklärt die Berliner Kardio­login. »Die Fachwelt disku­tiert derzeit, dass der Mindestwert für Frauen wahrscheinlich höher ist als der für Männer.« Dazu kommt: Die Auswurf­fraktion nimmt im Alter norma­ler­weise zu, bei Frauen stärker als bei Männern, weil Herzgröße und ‑masse bei beiden Geschlechtern abnehmen. »Das könnte einmal mehr dazu beitragen, dass die Auswurf­fraktion insbe­sondere bei vielen älteren Frauen als normal angesehen wird, obwohl sie längst an einer Herzschwäche leiden«, meint die Expertin. So hat mittler­weile etwa die Hälfte aller Patienten mit Herzschwäche, die in Kliniken aufge­nommen werden, eine vermeintlich normale Auswurf­fraktion. Der Großteil von ihnen sind Frauen.

Gefahr durch Schwan­ger­schafts-Kardio­myo­pathie und Broken-Heart-Syndrom

Bei Frauen kommen noch weitere besondere Formen der Herzschwäche vor. So kann im letzten Drittel der Schwan­ger­schaft und etwa ein halbes Jahr nach der Geburt eine lebens­be­droh­liche so genannte Peripartale Kardio­myo­pathie (PPCM) auftreten. Alarm­zeichen sind plötz­liche Atemnot, Schwäche oder Flüssig­keits­an­samm­lungen im Körper. Schon bei den ersten Signalen sollte man sofort einen Arzt aufsuchen.

Das Broken-Heart-Syndrom ist eine Herzschwäche, die fast nur bei Frauen nach den Wechsel­jahren auftritt. Sie ist oftmals eine Folge von massivem emotio­nalem Stress. Die Symptome sind ähnlich einem Herzin­farkt: Atemnot, Engegefühl in der Brust, starke Schmerzen. »Das Herz kontra­hiert an der Basis stärker als an der Spitze«, erläutert Regitz-Zagrosek. »Durch dieses Ungleich­ge­wicht im Kontrak­ti­ons­ablauf wird zu wenig Blut ausge­worfen und der Körper nicht ausrei­chend versorgt.« Dieser Zustand ist ebenfalls lebens­ge­fährlich. Betroffene sollten unver­züglich den Notarzt (Notruf 112) alarmieren.

Achten Sie auf Ihr Herz – Prof. Vera Regitz-Zagrosek rät Frauen:

- Geraten Sie bei kleinen Belas­tungen in Atemnot und sind Sie schnell erschöpft, bitten Sie Ihren Arzt, einen Ultra­schall des Herzens vorzunehmen.

- Lassen Sie regel­mäßig Blutdruck, Blutzucker, Körper­ge­wicht und Blutfette kontrollieren.

- Erbitten Sie beim Arzt eine Blutun­ter­su­chung. Eisen­mangel kann ein Indiz für eine Herzschwäche sein. Außerdem sind bei der Herzschwäche zwei wichtige Marker, die natri­ure­ti­schen Peptide ANP und BNP, erhöht. Wichtig: Bei Frauen sind auch leicht erhöhte Werte Warnzeichen.

- Frauen benötigen niedrigere Dosen von ACE-Hemmern und Betablo­ckern als Männer. Digitalis verur­sacht möglich­weise mehr Kompli­ka­tionen. Die Gabe von Arzneien gegen Herzrhyth­mus­stö­rungen sollte gut mittels EKG überwacht werden. Fragen Sie Ihren Arzt, ob die empfohlene Arznei an Frauen erprobt worden ist und ob spezielle Dosie­rungen angeraten sind.

Prof. Dr. Vera Regitz Zagrosek, Mitglied im Wissen­schaft­lichen Beirat der Deutschen Herzstiftung; Senior­pro­fes­sorin an der Charité – Univer­si­täts­me­dizin Berlin. Foto: VRZ

- Ändern Sie bei möglichen Neben­wir­kungen eines Medika­mentes nicht auf eigene Faust die Dosis oder setzen es ab, sondern sprechen Sie mit Ihrem Arzt.

- Frauen profi­tieren sehr von einer Resyn­chro­ni­sa­ti­ons­the­rapie, bei der das Herz mit spezi­ellen Schritt­ma­chern dazu gebracht wird, sich synchron zusam­men­zu­ziehen. Lehnen Sie ein solches Angebot nicht von vornherein ab.

- Achten Sie auf Bewegung an frischer Luft, gesunde Ernährung, verzichten Sie auf Alkohol und Zigaretten.

Die Herzwochen stehen unter dem Motto »Das schwache Herz« und richten sich an Patienten, Angehörige, Ärzte und alle, die sich für das Thema Herzschwäche inter­es­sieren. An der Aufklä­rungs­kam­pagne betei­ligen sich Kliniken, nieder­ge­lassene Kardio­logen, Kranken­kassen und Betriebe. Infos sind unter www.herzstiftung.de/herzwochen2020 abrufbar oder per Tel. 069 955128–333 zu erfragen.

Origi­nal­pu­bli­kation:

Regitz-Zagrosek, V., Was ist bei Frauen anders?, in: Deutsche Herzstiftung (Hg.), Das schwache Herz, Frankfurt a. M. 2020.

Textquelle: Michael Wichert, Deutsche Herzstiftung e.V./Deutsche Stiftung für Herzforschung

Bildquelle: (oben) Der Experten-Ratgeber »Das schwache Herz« (180 S.) kann kostenfrei per Tel. unter 069 955128–400 (E‑Mail: bestellung@herzstiftung.de) angefordert werden. Leicht verständlich infor­mieren Herzex­perten über Ursachen, Vorbeugung sowie aktuelle Diagnose- und Behand­lungs­mög­lich­keiten der Herzschwäche. Ratgeber-Cover: DHS/Jan Neuffer; Collage: Stefanie Schaffer

Bildquelle: (unten) Prof. Dr. Vera Regitz Zagrosek, Mitglied im Wissen­schaft­lichen Beirat der Deutschen Herzstiftung; Senior­pro­fes­sorin an der Charité – Univer­si­täts­me­dizin Berlin. Foto: VRZ