Emotion und Angst: Gründe für Panikkäufe?

Emotion und Angst: Gründe für Panikkäufe?

Menschen, die sich durch COVID-19 stärker bedroht fühlen und deren Persön­lichkeit durch ein besonders hohes Maß an Emotio­na­lität und Gewis­sen­haf­tigkeit geprägt ist, haben sich laut einer Studie von Theo Toppe vom Max-Planck-Institut für evolu­tionäre Anthro­po­logie in Leipzig und Kolle­gi­Innen im März 2020 eher mit Toilet­ten­papier bevor­ratet als Menschen, die diese Merkmale nicht haben.

Nach der schnellen Verbreitung von COVID-19 in Europa und Nordamerika im März 2020 begannen viele Menschen damit, Waren wie Toilet­ten­papier zu horten. Einige Unter­nehmen berich­teten von einem Anstieg der Toilet­ten­pa­pier­ver­käufe um bis zu 700 Prozent, obwohl die Regierung dazu aufge­fordert hatte, von »Panik­käufen« abzusehen.

Für die Studie befragten die Forschenden 1.029 Erwachsene aus 35 Ländern, die sie über die sozialen Medien rekru­tiert hatten. Zwischen dem 23. und dem 29. März 2020 füllten die Teilneh­menden einen Persön­lich­keitstest (Brief HEXACO Inventory; BHI) aus, der sechs große Persön­lich­keits­be­reiche umfasst. Darüber hinaus machten sie Angaben über ihren demogra­fi­schen Hinter­grund, wie stark sie sich durch COVID-19 bedroht fühlten, ihr Quaran­tän­ever­halten und ihren Toilet­ten­pa­pier­ver­brauch der letzten Wochen.

Der zuver­läs­sigste Indikator für eine Toilet­ten­pa­pier­be­vor­ratung war, wie stark sich jemand durch die Pandemie bedroht fühlte; Menschen, die sich stärker bedroht fühlten, neigten dazu, mehr Toilet­ten­papier zu horten. Etwa 20 Prozent dieses Effekts waren auf das Persön­lich­keits­merkmal Emotio­na­lität zurück­zu­führen: Menschen, die im Allge­meinen besonders besorgt und ängstlich sind, fühlen sich auch durch COVID-19 bedrohter und bevor­raten sich eher mit Toilet­ten­papier. Auch die Persön­lich­keits­domäne der Gewis­sen­haf­tigkeit, zu der Merkmale wie Organi­sation, Fleiß, Perfek­tio­nismus und Vorsicht gehören, hatte Einfluss auf das Bevorratungsverhalten.

Andere Beobach­tungen waren, dass ältere Menschen mehr Toilet­ten­papier horten als jüngere Menschen und dass Ameri­kaner mehr Toilet­ten­papier horten als Europäer. Die Forschenden weisen darauf hin, dass die unter­suchten Variablen nur etwa zwölf Prozent der Unter­schiede hinsichtlich der Toilet­ten­pa­pier­be­vor­ratung erklären, was darauf hindeutet, dass einige psycho­lo­gische Erklä­rungen und situative Faktoren wahrscheinlich nicht berück­sichtigt wurden. »Die subjektive Bedrohung durch COVID-19 scheint ein wichtiger Auslöser für die Bevor­ratung mit Toilet­ten­papier zu sein. Von einem umfas­senden Verständnis dieses Phänomens sind wir jedoch noch weit entfernt«, so Theo Toppe, Mitautor der Studie.

Origi­nal­pu­bli­kation: Lisa Garbe, Richard Rau, Theo Toppe – Influence of perceived threat of Covid-19 and HEXACO perso­nality traits on toilet paper stock­piling, PLOS ONE, 12 June 2020, https://doi.org/10.1371/journal.pone.0234232

Textquelle: Sandra Jacob, Max-Planck-Institut für evolu­tionäre Anthropologie

Bildquelle: Mit wie viel Toilet­ten­papier eine Person sich bevor­ratet könnte nicht nur davon abhängen, wie stark sie sich von COVID-19 bedroht fühlt, sondern unter anderem auch von ihren Persön­lich­keits­merk­malen. Zeichnung: Nori Blume, MPI