Darmkrebs: Häm-Eisen in Zellen wirkt toxisch

Ein Stilleben mit Fleisch, Nature morte von Claude Monet (1864). Quelle: Repro from artbook, Lizenz: Gemeinfrei

Darmkrebs: Häm-Eisen in Zellen wirkt toxisch

Dass ein übermä­ßiger Verzehr von rotem Fleisch das Risiko erhöht, an Darmkrebs zu erkranken, ist bekannt. Die organische Verbindung »Häm-Eisen« steht im Verdacht, für die krebs­för­dernde Wirkung verant­wortlich zu sein. Ein Forscherteam der TU Kaisers­lautern um Professor Jörg Fahrer ist es jetzt gelungen, die toxische Wirkung von Häm-Eisen in gesunden Darmzellen zu beschreiben. Dabei haben die Wissenschaftler*innen das Protein Hämoxygenase‑1 (HO‑1) als wichtigen Schutz­faktor identi­fi­ziert. Das Enzym baut freies Häm in der Zelle ab und verhindert so dessen schädi­genden Effekt. Die Forschungs­er­geb­nisse sind kürzlich in der namhaften Fachzeit­schrift Cell Death & Disease veröf­fent­licht worden.
1A – Schädigung der DNA durch Häm-Eisen analy­siert mit dem Comet-Assay. Der rechts zu sehende Schweif zeigt den DNA-Schaden. 1B – Expression von HO‑1 als Schutz­enzym visua­li­siert mittels konfo­kaler Immun­fluo­res­zenz­mi­kro­skopie. Grafik: TUK / AG Fahrer

Darmkrebs zählt zu den drei häufigsten Krebs­arten weltweit. Gerade bei Menschen im jungen und mittleren Alter von 20 bis 50 Jahren ist in letzter Zeit ein konti­nu­ier­licher Anstieg bei den Neuerkran­kungen zu verzeichnen. Dies wird mit verän­derten Ernäh­rungs­ge­wohn­heiten in Zusam­menhang gebracht – unter anderem dem übermä­ßigen Verzehr von rotem Fleisch.

Um zu verstehen, welche Rolle Häm-Eisen in diesem Kontext spielt, hat ein Team unter Leitung von Professor Fahrer aus der Lebens­mit­tel­chemie und Toxiko­logie an der TUK sowie am Institut für Toxiko­logie der Univer­si­täts­me­dizin Mainz die Effekte der organi­schen Eisen­ver­bindung auf gesunde Darmzellen und entartete Darmkrebs­zellen analy­siert. Zudem haben sie unter­sucht, inwieweit sich das organische Häm-Eisen von anorga­ni­schen Eisen­formen wie zum Beispiel Eisen­chlorid in der möglichen toxischen Wirkung unter­scheidet. Die Studie wurde in Zusam­men­arbeit mit Wissenschaftler*innen der Univer­sität Konstanz und der Univer­sität Potsdam durchgeführt.

Die Forscher*innen konnten zunächst zeigen, dass Häm-Eisen in physio­lo­gisch relevanten Konzen­tra­tionen, wie sie in unserem Darm auftreten können, die Bildung von reaktiven Sauer­stoff­spezies fördert und Schäden an unserem Erbgut, der DNA, verur­sacht (siehe Abbildung 1A). »Diese Effekte waren bei den anorga­ni­schen Eisen­ver­bin­dungen nur gering ausge­prägt«, wie Dr. Nina Seiwert, Erstau­torin der Studie und Postdok­to­randin in der Arbeits­gruppe Fahrer, ergänzt. So führte Häm-Eisen, aber nicht das anorga­nische Eisen, zum Absterben der normalen Darmzellen, was auch in sogenannten Organoiden aus gesundem Darmgewebe bestätigt werden konnte. »Hierbei handelt es sich quasi um ein Miniorgan, das in Kultur­schalen einge­bettet in einer Matrix mit spezi­ellem Nährmedium wächst«, wie Dr. Seiwert erläutert. Inter­es­san­ter­weise zeigten die Darmkrebs­zellen jedoch eine geringere Empfind­lichkeit gegenüber Häm-Eisen und überlebten trotz der Schäden.

Im weiteren Verlauf erforschte das Team die Antwort auf zellu­lärer Ebene und konnte zeigen, dass Häm-Eisen einen zellu­lären Sensor für oxida­tiven Stress aktiviert und dadurch in Darmzellen das Enzym HO‑1 produ­ziert wird (siehe Abbildung 1B). »HO‑1 ist verant­wortlich für den Abbau von Häm-Eisen zu anorga­ni­schem Eisen und weiteren Produkten«, wie Professor Fahrer erklärt. Um die Rolle der HO‑1 genauer zu ergründen, bedienten sich die Wissenschaftler*innen pharma­ko­lo­gi­scher und moleku­lar­ge­ne­ti­scher Methoden. War die Produktion von HO‑1 entspre­chend deakti­viert, stieg die Konzen­tration reaktiver Sauer­stoff­spezies stark an, was zu vermehrten oxida­tiven DNA-Schäden und schluss­endlich Zelltod führte.

»Zusam­men­ge­nommen illus­trieren diese Befunde, dass freies Häm-Eisen in Zellen toxisch wirkt und HO‑1 eine ganz wichtige Schutz­funktion einnimmt«, so Professor Fahrer. Die Studie liefert so einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der toxischen Wirkung von Häm-Eisen in Darmzellen und zeigt auf, wie es als Bestandteil von rotem Fleisch die Entstehung von Darmkrebs begüns­tigen kann.

Publi­kation

Seiwert N, Wecklein S, Demuth P, Hassel­wander S, Kemper TA, Schwerdtle T, Brunner T, Fahrer J. Heme oxygenase 1 protects human colono­cytes against ROS formation, oxidative DNA damage and cytoto­xicity induced by heme iron, but not inorganic iron. Cell Death Dis. 2020; 11(9):787.

doi: 10.1038/s41419-020–02950‑8.

https://www.nature.com/articles/s41419-020–02950‑8

Textquelle: Technische Univer­sität Kaiserslautern

Bildquelle: (oben) Ein Stilleben mit Fleisch, Nature morte von Claude Monet (1864). Quelle: Repro from artbook, Lizenz: Gemeinfrei

Bildquelle: (unten) 1A – Schädigung der DNA durch Häm-Eisen analy­siert mit dem Comet-Assay. Der rechts zu sehende Schweif zeigt den DNA-Schaden. 1B – Expression von HO‑1 als Schutz­enzym visua­li­siert mittels konfo­kaler Immun­fluo­res­zenz­mi­kro­skopie. Grafik: TUK / AG Fahrer