Covid-19: Vitamin D – Indikator für Sterblichkeitsrisiko?

Die Sonne ist der beste Vitamin-D-Produzent. Foto: Olga Ernst, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Covid-19: Vitamin D – Indikator für Sterblichkeitsrisiko?

Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkran­kungen, starkes Überge­wicht und Bluthoch­druck – mit diesen Grund­er­kran­kungen steigt das Risiko für einen schweren Verlauf, wenn eine Covid-19-Infektion hinzu­kommt. All diese Erkran­kungen weisen eine Gemein­samkeit auf: Sie gehen häufig mit einem niedrigen Vitamin-D-Spiegel einher. Gleiches gilt auch zum Beispiel für ältere Menschen, bei denen ebenfalls häufig Vitamin-D-Mangel anzutreffen ist und die zu den Risiko­gruppen zählen. Auf diesen Zusam­menhang weist Prof. Dr. Hans-Konrad Biesalski von der Univer­sität Hohenheim in Stuttgart hin. Der Ernäh­rungs­me­di­ziner hat 30 Studien ausge­wertet – und ein Vitamin-D-Defizit als möglichen Indikator für den Schwe­regrad und die Morta­lität bei einer Covid-19-Erkrankung identi­fi­ziert. Die Vitamin-D-Versorgung könnte auch beim Verlauf der Erkrankung eine Rolle spielen, denn dieses Vitamin reguliert das Immun­system und Entzün­dungs­pro­zesse im Körper. Der Experte empfiehlt daher, im Falle einer Covid-19-Erkrankung unbedingt den Vitamin-D-Spiegel im Auge zu behalten.

Vitamin D ist bei vielen Menschen auf der Welt Mangelware – und das kann im Falle einer Covid-19-Erkrankung als Indikator für ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf gelten. Das hat Prof. Dr. Hans-Konrad Biesalski, Ernäh­rungs­me­di­ziner an der Univer­sität Hohenheim, in einer zusam­men­fas­senden Veröf­fent­li­chung beschrieben.

»Bisher galten vor allem Grund­er­kran­kungen wie Bluthoch­druck, Diabetes, Herzer­kran­kungen und starkes Überge­wicht als Risiko­fak­toren«, erklärt Prof. Dr. Biesalski. »Doch gerade diese Erkran­kungen sind oft mit einem Vitamin-D-Mangel verbunden. Das hat Konse­quenzen für den Verlauf der Covid-19-Erkrankung.«

Und das gelte auch für Menschen über 65 Jahre oder Personen, die selten im Freien sind. »Die wichtigste Vitamin-D-Quelle ist die Bildung in der Haut durch das Sonnen­licht«, so der Experte, »und im Alter funktio­niert das nur noch eingeschränkt.«

Vitamin D sorgt für die Balance zwischen Entzündungsprozessen

Vitamin D reguliert unter anderem im Körper das Immun­system und das sogenannte Renin-Angio­tensin-System (RAS), das vor allem für die Regulierung des Blutdrucks wichtig ist. Im Falle einer Infektion sorgt Vitamin D dafür, dass diese beiden Systeme nicht aus dem Ruder laufen. »Da das Corona­virus eine wichtige Schalt­stelle dieser Regel­kreise befällt, halten sich pro-entzünd­liche und anti-entzünd­liche Prozesse nicht mehr die Waage«, erläutert Prof. Dr. Biesalski. »Das System gerät durch­ein­ander. Und zwar besonders dann, wenn gleich­zeitig ein Vitamin-D-Mangel besteht.«

Die Balance zwischen pro- und anti-entzünd­lichen Prozessen verschiebt sich zugunsten der pro-entzünd­lichen, die dann richtig Fahrt aufnehmen. »Die Folge sind gravie­rende Verän­de­rungen in den Lungen­bläschen, die zu einer schweren Kompli­kation der Covid-19-Erkrankung führen, dem sogenannten Akuten Atemnotsyndrom.«

Bei Verdacht auf eine Infektion mit dem Corona­virus solle daher unbedingt der Vitamin-D-Status geprüft und ein mögliches Defizit zügig behoben werden, empfiehlt der Mediziner. »Besonders für Menschen mit einer der Grund­er­kran­kungen oder für ältere Menschen ist dies empfeh­lenswert. Bei Menschen in Senio­ren­heimen ist der Vitamin-D-Spiegel oft verheerend niedrig. In Zeiten des Homeoffice halten sich viele Leute längere Zeit in geschlos­senen Räumen auf, was auch zu einer schlechten Vitamin D Versorgung beiträgt.«

Vitamin D kann Krank­heits­verlauf positiv beeinflussen

Um Missver­ständ­nisse zu vermeiden, betont Prof. Dr. Biesalski jedoch: »Vitamin D ist kein Medikament, mit dem man Covid-19-Erkran­kungen heilen kann. Doch man kann damit positiv auf den Krank­heits­verlauf einwirken, indem es dem Organismus ermög­licht, die Balance zwischen den pro- und anti-entzünd­lichen Prozessen wieder herzustellen.«

Über die Nahrung sei ein ausrei­chender Vitamin-D-Spiegel kaum zu erzielen, so Prof. Dr. Biesalski. »Reich an Vitamin D sind vor allem fetter Fisch und sonnen­ge­trocknete Pilze. Doch das reicht nicht aus, und in Deutschland sind – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern – Lebens­mittel nicht angerei­chert.« Auf gut Glück Nahrungs­er­gän­zungs­mittel einzu­nehmen, empfiehlt der Mediziner dennoch nicht. »Im Zweifelsfall ist das zu wenig, um einen wirklich schlechten Vitamin-D-Status kurzfristig zu verbessern. Prophy­lak­tisch sollte man sich aber viel im Freien aufhalten, auf die Ernährung achten – und spätestens bei Verdacht auf eine Infektion den Hausarzt bitten, den Vitamin-D-Spiegel zu prüfen.«

Origi­nal­pu­bli­kation: Hans K. Biesalski: Vitamin D deficiency and co-morbi­dities in COVID-19 patients – A fatal relati­onship? NFS Journal, Volume 20, August 2020, Pages 10–21

https://doi.org/10.1016/j.nfs.2020.06.001

Textquelle: Elsner, Univer­sität Hohenheim

Bildquelle: Die Sonne ist der beste Vitamin-D-Produzent. Foto: Olga Ernst, Lizenz: CC BY-SA 4.0